Zeitreise ins "Ole Hus"

In "Dat ole Hus", einer 1804 errichteten Fachwerk-Kate in Aukrug-Bünzen, hat das Ehepaar Hauschildt seit 1961 ein privates Heimatmuseum eingerichtet. Es zeigt die bäuerlicher Wohnkultur der Region des 18. Jahrhunderts. Haushalts- und Arbeitsgeräte der vergangenen drei Jahrhunderte sind in einem Stall, einer Remise und im Bienenstand ausgestellt. Im Rahmen von Führungen können die Innenräume besichtigt werden, und wer Lust hat, genießt frische Waffeln mit roter Grütze - soweit die Fakten.
Waffeln essen kann man vielerorts, Heimatmuseen besichtigen auch. Wer "Dat ole Hus" besucht, den erwartet viel mehr als eine gemütliche Einkehr: Hier wird der Gast förmlich in ein längst vergangenes Jahrhundert hineingezogen - und das mit allen Sinnen. Ja!, so ein Besuch kann den modernen Menschen schon ein wenig verstören.
 
Unsere Zeitreise beginnt mit einem ersten Blick auf die alte, Reet gedeckte Kate und führt uns weiter in den Garten, wo altersschwache Tische und Stühle zwischen Toilettenhäuschen und Stallungen zum Verweilen einladen. An der Wäscheleine flattern "Schinkenbeutel" (antike, langbeinige Leinen-Unterhosen) im Wind.
Ein rauchiger Duft lockt ins Haus. Wir landen unmittelbar in einer engen Küche. Auf dem alten Feuerherd brutzeln Waffeln stilecht in antiken Eisen, daneben stapeln sich Schüsseln mit roter Grütze und Berge von Waffel-Herzen. Etwas verwirrt fragen wir, ob es noch einen anderen Eingang gebe und erhalten die knappe, etwas schroffe Antwort: "Nein! Wenn Sie eine Führung wollen,  warten Sie in der großen Diele."
Artig folgen wir und werden kurz darauf vom Hausherrn Werner Hauschildt begrüßt.
Wir fühlen uns, als stünde unser Urgroßvater persönlich vor uns. Er flößt Respekt ein, obwohl er eine alberne, rote Zipfelmütze trägt. Er wirkt betagt und jung zugleich, bewegt sich langsam, aber seine vitalen Augen strahlen natürliche Autorität aus. Er führt uns zurück durch die Küche in die "gute Stube", weiter ins Schlafgemach von anno-dazumal mit einem antiken Kinderwagen und dem obligatorischen Waschgeschirr. Wieder durch die enge Küche geht's im Gänsemarsch zurück in die große Diele.
Alle lauschen wir ehrfürchtig und lassen uns von der Atmosphäre gefangen nehmen. Ich bilde mir ein, plötzlich Pferde trappeln und den schlurfenden Gang eines Knechts in seinen groben Holzpantoffeln zu hören, während der Hausherr an der zentralen, offenen Feuerstelle erklärt, dass vor dem Einbau der separaten Küche hier gekocht wurde und die Feuerstelle keinen Kamin habe. Mit dem Rauch seien die von der Decke hängenden Würste geräuchert worden.
Unter dem tiefgezogenen Strohdach des engen Hauses lebten einstmals zwei Generationen - unvorstellbar! Ehrfürchtig betrachten wir die alte Essecke, an der Generationen von Bauernfamilien dünne Suppe aufgetischt wurde. Nur drei Stühle stehen um einen winzigen Tisch - die Kinder mussten im Stehen essen. Es herrschte ein strenges Regiment.
Das bekommen wir auch mehr als hundert Jahre später zu spüren, als wir unseren Besuch mit einer Tasse Kaffee und frischen Waffeln in der "guten Stube" krönen wollen. Wir dürfen uns nicht etwa an irgend einem Tisch niederlassen, nein, es wird  uns ein Platz zugewiesen - Widerspruch zwecklos.  Aber damit nicht genug: Wir wollen uns gerade über einen Berg leckerer Waffeln hermachen, da wird uns Einhalt geboten: "Hatten Sie schon eine Einweisung?" Auf unsere fragenden Blicke erhalten wir die Anordnung,  das leckere Gebäck folgendermaßen zu essen: "Zunächst rote Grütze und Sahne auf den Teller löffeln und die Waffel oben drauf. So wurden früher Waffeln gegessen, damit sie nicht matschig werden."
Wir befolgen natürlich artig die Anweisung. Das Gebäck und die Grütze schmecken traumhaft. Sie sind unvergleichlich - wie die gesamte Zeitreise. Zurück auf dem Parkplatz wundere ich mich kurz, dass sich mein Auto nicht inzwischen in ein Pferdefuhrwerk verwandelt hat...

Adresse
Na't ole Hus 1
24613 Aukrug-Bünzen (etwa zehn Kilometer von BAB Neumünster-Mitte)
Telefon: 04873-603

"Dat ole Hus" hat ganzjährig geöffnet: Samstag, Sonntag und Feiertag von 14 bis 18 Uhr. Gruppen nach Vereinbarung.
Besuchen Sie "Dat ole Hus" solange Werner Hauschildt noch die Führungen macht! Internet: www.museen-sh.de

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